Merapi, Pyroklastika und Erdbeben

  Java, vom 24.5.06 bis zum 6.6.06

von Martin Rietze

 

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Aufgrund verstärktem Domwachstum und dadurch starker Aktivität beschoss ich spontan, dem Vulkan Merapi nochmals einen Besuch abzustatten. Im Gegensatz zu meinem Besuch vom Sommer letzten Jahres konnte nun mit regelmäßigen Pyroklastischen Strömen
(PF) gerechnet werden. Diese seltene Gelegenheit, solche Glutwolken einmal aus der Nähe zu beobachten wollte ich mir nicht entgehen lassen. Dabei erwies es sich als glücklicher Umstand, daß sowohl Chris Weber mit Bekannten als auch Marc Szeglat vor Ort in Yogyakarta eintreffen wollten. Somit konnte ein gemeinsames Fahrzeug genutzt werden. Zunächst aber traf ich zufällig auf Tom Pfeiffer, welcher schon einige Tage vor Ort war. Gemeinsam fuhren wir Plätze mit guter Aussicht zu Abend und Morgens an. Der Merapi zeigte in unregelmäßigen Abständen glühende Steinlawinen mit Staubfahnen und einige male pro Tag auch kleinere Pyroklastische Ströme, vor allem in Richtung SW zum Krassak-Tal. Eine schöne Abwechslung bot der 30 Stunden junge Mond mit deutlichem Erdschein kurz vor Sonnenaufgang am 26.5.

 

Am Morgen des 27.5. jedoch sollte es anders kommen: Gemeinsam mit Tom beobachteten wir die glühenden Steinlawinen im der Morgendämmerung und einen mäßigen PF bei Tagesanbruch von einem hochgelegenen Parkplatz im Süden des Vulkans.

     

  
Um 5h55min begann plötzlich der Boden horizontal zu schwingen, es ertönte ein dumpfes Grollen und die Vegetation erzeugte ein unglaubliches Rascheln durch aneinander reibende Pflanzen. Drüben am Merapi (Gipfelentfernung etwa 4km) zeigten sich überall Staubfahnen, für eine Minute glaubte ich an einen Bergsturz und damit unser sofortiges Ableben. Schreie und Motorgeräusche im Hintergrund zeigten von aufkommender Panik, auch unser einheimischer Fahrer nahm ohne uns schnell reiß aus.

 

So schnell das Beben kam war es auch schon wieder zu Ende, es hatte vielleicht nur 20 Sekunden gedauert. Der Merapi allerdings warf nun fast in Minutenabständen ungefähr ein halbes Dutzend größerer PF's ab, eine Unglaubliche Aschewolke stieg Kilometerhoch in den blauen Morgenhimmel und überragte den inzwischen 3000m hohen Merapi um ein mehrfaches. Wie üblich war natürlich der Akku in der Video leer, es gelangen mir nur ein paar verzitterte Schnappschüsse aus der Hand.

    


Immer noch spielte ich mit dem Gedanken, zum nächstgelegenen Bunker zu laufen anstatt die Kameras zu bedienen. Nach einer Stunde hatte sich der Vulkan doch wieder beruhigt .

Auch unser Fahrer kam zurück und wir konnten zurück in die Stadt. Jedoch herrschte hier das totale Chaos, Autos von oben fuhren Richtung Meer in Flucht vor dem unruhigen Merapi, eine Tsunamiwarnung sorgte andererseits dafür, daß alle Autos von der Küste her in Richtung Berg flohen. Dies führte zu einem längeren Verkehrschaos, wir versuchten uns über das Radio zu informieren. An diesem Nachmittag traf ich auf die Gruppe um Chris Weber, der ebenfalls eintreffende Marc hatte wegen des Erdbeben gesperrten Flughafens eine Ausweichroute über die Stadt Solo nehmen müssen. Seine Berichte von fast gänzlich eingestürzten Ortsteilen und enormer Zerstörung und Toten machte uns erst klar, daß es sich hier um ein tektonisches Erdbeben der Stärke 6 handelte.

 

Wir sahen bei unserer Bergrückkehr nur vereinzelte Schäden. Selbst am Nachmittag beim Besuch von Borobudur und einem Aussichtspunkt am Krassak Tal im SW mit einem direkten Blick auf die SW- Rinne des Merapi trafen wir auf wenig Erdbebenschäden.

   

Erst am nächsten Tag bei einer Fahrt nach Prambanan sahen wir die teils erheblichen Schäden, die Anwohner begannen eben in für uns Europäer unglaublichen Gelassenheit die Reste zu sortieren. Überdeutlicher kann man den Mentalitätsunterschied kaum kennen lernen, teilweise winkten sie von den zerstörten Dächern freundlich herüber. Umso unglaublicher erscheint die hohe Anzahl von etwa 6000 Toten, von welcher wir erst später erfuhren.

     

   

   


Am nächsten Morgen wieder am südlichen Aussichtspunkt verfolgte ich allein einen Weg durch den Wald, um näher an den Merapi heranzukommen. Die an diesem Vormittag stärkere Bewölkung riss nur kurze Zeit auf, aber von hier aus nur etwa 3km vom Vulkan weg spürt man förmlich den Atem des Vulkans.


Jeder fallende Stein ist zu hören, die Asche liegt auf jedem Blatt und rieselt auch langsam auf Stativ und Kamera. Daher suchte ich diesen Ort an kommenden Tagen frühmorgens nochmals auf. Ungemein beeindruckend gleiten hier besonders gut sichtbar die Glutwolken (PF) wie auf Luftkissen pfeilschnell talwärts. Erinnerungen an Berichte vom Pompeji und St. Pierre werden wach, welch eine Gelegenheit dieses Naturschauspiel aus geringer Distanz sehen zu dürfen. Im Gegensatz zu den rumpelnden und scheppernden Steinlawinen, welche sich die Hänge herunterstürzen gleiten diese PF's praktisch lautlos ins Tal. Nur eine schnell aufsteigende Aschewolke am Gipfel kündigt ihr Erscheinen an. Darauf schießt eine dunkle Wolkenzunge mit geringer Ausdehnung talwärts

,diese bläht sich dann u.U. kilometerhoch auf, zahlreiche Vögel fliegen auf und in 10-15min. ist der Spuk wieder vorbei. In der frühen Dämmerung kann man den Fuß solcher PF's leicht glühen sehen, mitfallende Lavabrocken lugten auch ab und zu hervor. In den Morgenstunden abseits des 27.5. waren jeweils etwa 2 PF's zu sehen.


   

   


Gemeinsam mit Chris, Marc und Begleitung erfolgten an den nächsten Tagen noch morgendliche Beobachtungen aus der Nähe des Parkplatzes in etwas weiterer Entfernung.

   


Leider wurden die abendlichen Beobachtungen regelmäßig durch Gewitter mit starkem Regen vereitelt. Am 30.5. Mittags entschloss ich mich, den Merapi zu verlassen und weitere Vulkane, diesmal im westlichen Java zu erkunden. Ideale Gelegenheit hierfür bot die kleine Gruppe um Chris, der ich mich anschließen konnte.

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©2006 photos and text Martin Rietze, web Th. Boeckel, last modification 12.6.2006


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