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Aufgrund verstärktem Domwachstum
und dadurch starker Aktivität beschoss ich spontan, dem Vulkan Merapi
nochmals einen Besuch abzustatten. Im Gegensatz zu meinem Besuch vom
Sommer letzten Jahres konnte nun mit regelmäßigen
Pyroklastischen Strömen
(PF)
gerechnet werden. Diese seltene Gelegenheit, solche Glutwolken einmal
aus der Nähe zu beobachten wollte ich mir nicht entgehen lassen. Dabei
erwies es sich als glücklicher Umstand, daß sowohl Chris Weber mit
Bekannten als auch Marc Szeglat vor Ort in Yogyakarta eintreffen
wollten. Somit konnte ein gemeinsames Fahrzeug genutzt werden. Zunächst
aber traf ich zufällig auf Tom Pfeiffer, welcher schon einige Tage vor
Ort war. Gemeinsam fuhren wir Plätze mit guter Aussicht zu Abend und
Morgens an. Der
Merapi
zeigte in unregelmäßigen Abständen glühende Steinlawinen mit Staubfahnen
und einige male pro Tag auch kleinere Pyroklastische Ströme, vor allem
in Richtung SW zum Krassak-Tal. Eine schöne Abwechslung bot der 30
Stunden junge Mond mit deutlichem Erdschein kurz vor Sonnenaufgang am
26.5.
Am Morgen des 27.5. jedoch sollte es anders kommen:
Gemeinsam mit Tom beobachteten wir die glühenden
Steinlawinen im der Morgendämmerung und einen mäßigen PF
bei Tagesanbruch von einem hochgelegenen Parkplatz im
Süden des Vulkans.
Um 5h55min begann plötzlich der
Boden horizontal zu schwingen, es ertönte ein dumpfes
Grollen und die Vegetation erzeugte ein unglaubliches
Rascheln durch aneinander reibende Pflanzen. Drüben am
Merapi
(Gipfelentfernung etwa 4km) zeigten sich überall
Staubfahnen, für eine Minute glaubte ich an einen
Bergsturz und damit unser sofortiges Ableben. Schreie und
Motorgeräusche im Hintergrund zeigten von aufkommender
Panik, auch unser einheimischer Fahrer nahm ohne uns
schnell reiß aus.
So schnell das Beben kam war es auch schon wieder zu Ende,
es hatte vielleicht nur 20 Sekunden gedauert. Der Merapi
allerdings warf nun fast in Minutenabständen ungefähr ein
halbes Dutzend größerer PF's ab, eine Unglaubliche
Aschewolke stieg Kilometerhoch in den blauen Morgenhimmel
und überragte den inzwischen 3000m hohen Merapi um ein
mehrfaches. Wie üblich war natürlich der Akku in der Video
leer, es gelangen mir nur ein paar verzitterte
Schnappschüsse aus der Hand.
Immer noch spielte ich mit dem
Gedanken, zum nächstgelegenen Bunker zu laufen anstatt die
Kameras zu bedienen. Nach einer Stunde hatte sich der
Vulkan doch wieder beruhigt .
Auch unser Fahrer kam zurück und wir konnten zurück in die
Stadt. Jedoch herrschte hier das totale Chaos, Autos von
oben fuhren Richtung Meer in Flucht vor dem unruhigen
Merapi, eine Tsunamiwarnung sorgte andererseits dafür, daß
alle Autos von der Küste her in Richtung Berg flohen. Dies
führte zu einem längeren Verkehrschaos, wir versuchten uns
über das Radio zu informieren. An diesem Nachmittag traf
ich auf die Gruppe um Chris Weber, der ebenfalls
eintreffende Marc hatte wegen des Erdbeben gesperrten
Flughafens eine Ausweichroute über die Stadt Solo nehmen
müssen. Seine Berichte von fast gänzlich eingestürzten
Ortsteilen und enormer Zerstörung und Toten machte uns
erst klar, daß es sich hier um ein tektonisches Erdbeben
der Stärke 6 handelte.
Wir sahen bei unserer Bergrückkehr nur vereinzelte
Schäden. Selbst am Nachmittag beim Besuch von Borobudur
und einem Aussichtspunkt am Krassak Tal im SW mit einem
direkten Blick auf die SW- Rinne des Merapi trafen wir auf
wenig Erdbebenschäden.
Erst am nächsten Tag bei einer Fahrt nach Prambanan sahen
wir die teils erheblichen Schäden, die Anwohner begannen
eben in für uns Europäer unglaublichen Gelassenheit die
Reste zu sortieren. Überdeutlicher kann man den
Mentalitätsunterschied kaum kennen lernen, teilweise
winkten sie von den zerstörten Dächern freundlich herüber.
Umso unglaublicher erscheint die hohe Anzahl von etwa 6000
Toten, von welcher wir erst später erfuhren.
Am nächsten Morgen wieder am
südlichen Aussichtspunkt verfolgte ich allein einen Weg
durch den Wald, um näher an den Merapi heranzukommen. Die
an diesem Vormittag stärkere Bewölkung riss nur kurze Zeit
auf, aber von hier aus nur etwa 3km vom Vulkan weg spürt
man förmlich den Atem des Vulkans.
Jeder fallende Stein ist zu hören,
die Asche liegt auf jedem Blatt und rieselt auch langsam
auf Stativ und Kamera. Daher suchte ich diesen Ort an
kommenden Tagen frühmorgens nochmals auf. Ungemein
beeindruckend gleiten hier besonders gut sichtbar die
Glutwolken (PF) wie auf Luftkissen pfeilschnell talwärts.
Erinnerungen an Berichte vom Pompeji und St. Pierre werden
wach, welch eine Gelegenheit dieses Naturschauspiel aus
geringer Distanz sehen zu dürfen. Im Gegensatz zu den
rumpelnden und scheppernden Steinlawinen, welche sich die
Hänge herunterstürzen gleiten diese PF's praktisch lautlos
ins Tal. Nur eine schnell aufsteigende Aschewolke am
Gipfel kündigt ihr Erscheinen an. Darauf schießt eine
dunkle Wolkenzunge mit geringer Ausdehnung talwärts
,diese bläht sich dann u.U. kilometerhoch auf, zahlreiche
Vögel fliegen auf und in 10-15min. ist der Spuk wieder
vorbei. In der frühen Dämmerung kann man den Fuß solcher
PF's leicht glühen sehen, mitfallende Lavabrocken lugten
auch ab und zu hervor. In den Morgenstunden abseits des
27.5. waren jeweils etwa 2 PF's zu sehen.
Gemeinsam mit Chris, Marc und
Begleitung erfolgten an den nächsten Tagen noch
morgendliche Beobachtungen aus der Nähe des Parkplatzes in
etwas weiterer Entfernung.
Leider wurden die abendlichen
Beobachtungen regelmäßig durch Gewitter mit starkem Regen
vereitelt. Am 30.5. Mittags entschloss ich mich, den
Merapi zu verlassen und weitere Vulkane, diesmal im
westlichen Java zu erkunden. Ideale Gelegenheit hierfür
bot die kleine Gruppe um Chris, der ich mich anschließen
konnte.
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